Zielgerichtete Therapie bei Brustkrebs: Her2/neu

Brustkrebs ist – molekularbiologisch gesehen - ein Sammelbegriff für unterschiedliche Erkrankungen, deren Gemeinsamkeit allein den Ort des Tumors ausmachen: Die Brust.

Weitere Unterscheidungen wurden nach dem Aussehen vorgenommen, sowie auch nach der Größe und der Invasionstiefe.
Seit man die Funktion des Oberflächenrezeptors Her2/neu versteht und Antikörper entwickelt, die seine Wirksamkeit unterbinden, ist er ein Angriffspunkt für die Therapie geworden. Es war einer der ersten Versuche einer zielgerichteten Therapie. Dieser hat sich bis heute zu einem Teil einer Standardtherapie bei Brustkrebs mit Her2/neu Überexpression entwickelt.

Was ist Her2/neu?

Das Protein Her2/neu ist ein Oberflächenrezeptor, der das Signal  zur Zellteilung von außerhalb der Zelle empfängt und in die Zelle weiter gibt. Als Folge wird die Zelle viele weitere Schritte einleiten, die zur Zellteilung benötigt werden.
Man kann also sagen, dass Her2/neu ein Faktor ist, der Tumorzellen zur Zellteilung verhilft, wenn das Signal zur Zellteilung von außen kommt.
Er ist nicht auf jeder Zelle gleichermaßen zu finden. Aus diesem Grund wird nach Diagnose des Tumors in der Brust eine Gewebeprobe entnommen und auf diese Oberflächenproteine untersucht. Es wird auf etwa 15- 25% aller Tumore in großer Zahl gefunden. [1]
Er durchzieht die Zellmembran von innen nach außen, ist also sowohl von außerhalb der Zelle als auch von innen „angreifbar“.

Die Antikörper

Es gibt mittlerweile zwei therapeutische Antikörper sowie ein „Small molecule“ Medikament, die sich  gegen den Oberflächenrezeptor richten. Sie binden an das Protein und setzen seine Wirkung außer Kraft. Der Ort ihres Wirkens ist unterschiedlich und damit auch die Art der Hemmung.
Trastuzumab bindet von außerhalb der Zelle an den Bereich des Proteins. Er behindert vermutlich damit nicht nur das Signal zur Zellteilung, sondern man vermutet auch andere Mechanismen, wie das Einleiten des programmierten Zelltods.
Der Rezeptor setzt sich aus mehreren Teilen zusammen. Diese Teile treten miteinander in Wechselwirkung, und funktionieren auch nur gemeinsam. Die Stelle des Zusammenkommens ist der Angriffspunkt für das Medikament Pertuzumab. Bindet er an die für ihn passende Stelle, können sich die Einzelteile des Oberflächenrezeptors nicht mehr zu einer funktionierenden Einheit zusammen lagern, wodurch das Signal zur Zellteilung nicht in der Zelle ankommt.  
Eine Studie aus dem Jahr 2014 hat gezeigt, dass eine Kombination aus Pertuzumab und Trastuzumab in Kombination mit einer Chemotherapie das Überleben nach der Erstdiagnose eines metastasierten Brustkrebs um mehr als 1 Jahr verlängert wird. [2]
Auch im sogenannten neoadjuvanten Setting, also vor der operativen Entfernung des Brustkrebses, wird die Kombination aus Pertuzumab und Trastuzumab mit Chemotherapie erfolgreich eingesetzt und steigerte das rezidivfreie Überleben im Vergleich zu Trastuzumab mit Chemotherapie um 5%. [3]
Erst vor einem Monat wurde die Kombination aus Pertuzumab und Trastuzumab mit Chemotherapie auch für die adjuvante Situation bei Risikopatientinnen aufgrund der Daten der APHINITY-Studie in Europa zugelassen. [4]

Lapatinib ist kein Antikörper, bindet aber auch an den Oberflächenrezeptor Her2/neu sowie an ein anderes Oberflächenmolekül, den Epidermalen Wachstumsfaktor Rezeptor (EGFR). Lapatinib wird daher bei Brusttumoren eingesetzt, die eine Überexpression von Her2/neu zeigen.
Es ist ein so genanntes „kleines Molekül“, das in der Lage ist, eine Zellwand zu durchqueren. In der Zelle kann es den inneren Teil des Oberflächenrezeptors erreichen und bindet an ihn. Damit blockiert es den Teil des Proteins, das das Signal innerhalb der Zelle weiter gibt: die Tyrosinkinase.

Emtansin

Eine Erweiterung des Nutzens von Antikörpern ist Trastuzumab - Emtansin. Es besteht aus einem Teil des Antikörpers Trastuzumab sowie einem damit verbundenen starken Chemotherapeutikum Emtansin. Emtansin wurde als Chemotherapeutikum in seiner ursprünglichen Form nicht weiter verwendet, weil die systemische Toxizitäten zu stark waren.
Durch die Koppelung eines Antikörpers gegen ein Oberflächenprotein, das es nahezu nur auf der Krebszelle gibt, kann es nun sehr zielgerichtet eingesetzt werden: Der Antikörper-Teil bindet an die Krebszelle und das gesamte Medikament wird in die Zelle aufgenommen, wo das Chemotherapeutikum wirkt und die Zelle abtötet.
Das mittlere Überleben nach einer vorrangegangenen Therapie mit Pertuzumab/Trastuzumab konnte im Vergleich zu Lapatinib und Xeloda um etwa ein halbes Jahr durch TDM-1 verlängert werden, was zur Zulassung als 2.Linientherapie beim metastasierten Her2/neu-positiven Brustkrebs geführt hat und heutzutage als Standard der 2.Linientherapie zählt. [5]

Nebenwirkungen

Wichtigste Nebenwirkung aller Her2/neu-Medikamente ist die Verschlechterung der Herzfunktion, das Her2/neu leider auch auf Herzzellen vorkommt. Deshalb ist vor der Therapie und mindestens alle 3 Monate unter Therapie ein kardiales Monitoring mit Echokadiographie notwendig.

 

Quellen:

  1. Cronin, K.A., et al., Population-based estimate of the prevalence of HER-2 positive breast cancer tumors for early stage patients in the US. Cancer Invest, 2010. 28(9): p. 963-8.
  2. Tian, T., J. Ye, and S. Zhou, Effect of pertuzumab, trastuzumab, and docetaxel in HER2-positive metastatic breast cancer: A meta-analysis. Int J Clin Pharmacol Ther, 2017. 55(9): p. 720-727.
  3. Gianni, L., et al., 5-year analysis of neoadjuvant pertuzumab and trastuzumab in patients with locally advanced, inflammatory, or early-stage HER2-positive breast cancer (NeoSphere): a multicentre, open-label, phase 2 randomised trial. Lancet Oncol, 2016. 17(6): p. 791-800.
  4. von Minckwitz, G., et al., Adjuvant Pertuzumab and Trastuzumab in Early HER2-Positive Breast Cancer. N Engl J Med, 2017. 377(2): p. 122-131.
  5. Krop, I.E., et al., Trastuzumab emtansine (T-DM1) versus lapatinib plus capecitabine in patients with HER2-positive metastatic breast cancer and central nervous system metastases: a retrospective, exploratory analysis in EMILIA. Ann Oncol, 2015. 26(1): p. 113-9.


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